Onkel Stillfried Wortmann (1909 – 2002) durfte ich kennenlernen als einen sehr ruhigen, taktvollen und liebevollen älteren Herrn. In seinem Laden auf Bruyns Hill hat er in aller Ruhe alles geschafft, was er musste, war höflich und überaus hilfsbereit. Bei seinem freundlichen Lächeln blickten seine Augen pfiffig aus zwei kleinen Schlitzen, wobei er sich mit etwas Scheu um meine, so wie vieler anderen Gesundheit erkundigte. Seiner Frau Minna war er die unersetzliche Stütze, die sie brauchte, und niemals wurde ihm etwas zu viel.
Meine erste Bekanntmachung mit ihm geschah, als ich im Dezember 1979 mit einem blauen Peugeot „Pickup“ die Post für Familie Eggers im Bruyns Hill Laden abholen sollte. Barfuß, mit kurzer Jeans Hose und ärmellosem T-Shirt stolzierte ich in den Laden und auf Herrn Wortmann zu. Höflich erkundigte er sich über meine Herkunft, während er mir die Post aus dem Postfach hinter der Theke überreichte. Aus den Augenwinkeln erblickte ich eine ältere Frau, die gezielt auf mich zukam. „Bist du die neue Freundin von Heinrich? Aus Südwest?“ … „Ich habe schon von dir gehört!“ Als Ausdruck der Freude und Akzeptanz nahm ich diese Begrüßungsart entgegen und ließ mir auch noch von Frau Wortmann raten, nicht barfuß zu laufen, da es mir in meinen älteren Jahren so manche Probleme mit den Füßen geben würde. Als Beweis zeigte sie mir ihre Füße, und ich nahm ihre Ermahnung gerne an.
Gebückt von der vielen Arbeitslast und seinem hohen Alter sah ich Onkel Stillfried Sonntag nach Sonntag, auf dem Gelände vor der Kirche, die Bänke mit einem reinen Tuch abwischen, damit wer mochte es sich während des Blasens vor der Kirche auf einer sauberen Bank gemütlich machen konnte. Als damals junge Frau konnte ich nur darüber staunen und mir ein Vorbild an dieser besonderen Treue und diesen Liebesdienst nehmen.
Gerne teile ich diesen Artikel/Bericht von Onkel Stillfried zur Erinnerung an einen lieben Mann und zur kleinen Einsicht allen jüngeren Lesern über das Verhalten und Leben der Menschen aus Wartburg vor vielen, vielen Jahren.
So berichtet Onkel Stillfried in seiner Mundart aus der alten Zeit.
Ich wurde geboren auf der Farm, Nobel, welche ein Teil von Waterfall ist. Mein Gros1vater Wortmann hat 20000 Acker von einer Englischen (Spekulanten) Firma gekauft für 10 Shilling pro Acker. Als Natal englische Provinz wurde, verzogen einige Bauern zurück nach Orange Free State. Die englische Firma kaufte die Farmen für 1 Gewehr (Magazine Rifle) und verkaufte sie für 10 Shilling pro Acker. Die Farmen waren 2 – 6000 Acker groß.
Als ich Sieben Jahre alt war, musste ich zur Schule, wo auch meine älteren Geschwister gegangen waren, nämlich, „Singletree Goverment Aided School.“ Diese Schule war an der Nordwest Ecke von Onkel Gustav Rabes Farm (Jetzt Hoffmann) gelegen und grenzte an Schmidts Farm.
Herr Peter Fröhling war der alleinige Lehrer von ungefähr 20 Schülern. Etwa 1919 ging die Zahl der Schüler runter. Fröhling meinte er käme mit dem Gehakt nicht aus, aber die Eltern sagten, sie können nicht mehr geld aufbringen. Die Folge war das die Schule aufflog. Die Schüler mussten andere Schulen finden. Die meisten gingen nach Wartburg Government School, andere gingen nach Harburg und Monte Bello.
Mein Bruder und ich gingen auch zu der Wartburg Government School – 6Km entfernt. Es ging barfuß, querfeldein bergauf und bergab u2ber den Mkabelafluss und wieder bergauf bis an den großen Weg bei Habermanns Einfahrt. Im Winter legte sich der Forst ganz dicht im Tal und die Füße wurden wie Eisblöcke. Im Sommer kamen Gewitter, und wir kehrten dann mal bei Shange ein, der am Ende der Farm am Mkabela wohnte.
Die alte Wartburg Schule war ein altes Gebäude (die erste Kapelle der neu gegründeten Gemeinde Wartburg, deren Pastor mein Großvater Bartels war.) der Oberlehrer war Fritz Schulze, von dem man gut was gelernt hat, obwohl er keine Ausbildung hatte. Der Backsteinteil des Gebäudes wurde von Fritz Schultze benutzt um Standard drei bis sechs zu unterrichten. Der andere Teil von Blech und Holz war für die Anfänger, von Fräulein Scriba betreut.
Das erste Flugzeug.
Es musste wohl so 1918 gewesen sein, als nach Schulschluss (Singletree Schule) Siegfried Wortmann und ich beschlossen schwimmen zu gehen in seines Vaters Damm. Als wir zu dem Damm kamen, hörten wir ein Gedröhne, wie von einem schweren Lastwagen. Erst dachten wir es wäre Brüllen von einem Bullfrog, aber das mussten wir gleich abschreiben.
zu unterrichten. Der andere Teil von Blech und Holz war für die Anfänger, von Fräulein Scriba betreut.
Wir haben gebadet, wurden aber gestört von dem Dröhnen. Wir blieben nicht lange im Wasser: ein jeder ging dann zu seinem Hause. Als ich nach Hause kam, wurde ich gleich gefragt ob ich das Flugzeug gesehen hätte, ich sagte: „Nein, Siegfried und ich hatten ein dröhnen gehört.“
„Hast du denn nicht in die Luft geguckt, es war ein Flugzeug gewesen.“
Das Leben in den alten Zeiten war nicht so gehetzt wie jetzt. Man hatte mehr Zeit für einander. Aber es gab auch schwere Zeiten. Anfangs 1900 haben East Coast Fever und Rinderpest großen Schaden an Viehbestand getan. Mein Vater behielt eine Kuh über und die hieß Matjie-tjie. Die war ein Charakter für sich, nicht so zahm wie eine jersey. Als sie gekalbt hatte, musste sie ja auch gemolken werden. Der alte Jonas gab sich Mühe, sie zu zähmen. Im Kraal war ein Pfahl, wo die Kühe, die nicht so zahm waren, angebunden wurden, um sie zu melken. Wenn Matjie-tjie an der Reihe war, dann rief Jonas:“Matjie-tjie, Matjie-tjie!“ Sie hob den Kopf hoch und Jonas sagte: „Matjie-tjie, kom paal toe!“ Dieses sagte er zwei- oder dreimal dann kam Matjie-tjie in gutem Tempo und drückte die Stirn an den Pfahl und wurde angebunden. Das Kalb wurde dann zugelassen, um zu saugen. Jonas versteckte sich einen Moment, damit die Mutter die Milch besser runterließ und schnell melkte er dann den Teil für unseren Gebrauch und ließ den nicht nötigen Teil für das Kalb zurück.
Man pflanzte Mais, etwas Kartoffel und Bohnen. Mais wurde zu 4 oder 5 Schilling verkauft. Das Anlegen von Wattlebäumen war eine Hilfe. Die Eisenbahn fuhr schon lange über Schroeders – Dalton nach Greytown. Ein Segen war es als von Schroeders ein Abzweig gebaut wurde über Wartburg nach Bruyns Hill. Ich war zugegen als 1914 der erste Zug in Bruyns Hill einlief. Es wurde ein hohes Gestell über die Schienen errichtet, wo am Querbalken eine Flasche mit Champagne am Band hing, um von der Lokomotive zerschmettert zu werden.
1922 baute Andrew Bruyns ein Blech- und Holzgebäude auf Bruyns Hill und öffnete den Laden, „Bruyns Hill Cash Store.“ Das erste Gebäude war, wo heute die Bruyns Hill Schule, ist.
Die Familie Reiche war eine angesehene Familie und wurde bekannt durch den Laden mit Namen F & G Reiche, der über 100 Jahre Geschäft getrieben hat. Die Firma verschickte Waren per Post nach allen Teilen Natals bis nach Lüneburg und Piet Retief.
Der erste laden war auf der Farm Kortkrans Kloof. Als die Bahn nach Wartburg kam, wurde das Geschäft nach Wartburg versetzt, gegenüber der Station.
F&G Reiche war berühmt für die importierten Waren und Stoffe aus Deutschland. Der erste Fritz Reiche war eine ehrwürdige Persöhnlichkeit, der seinen Hut abnahm für jedermann auch vor jungen Leuten, zum Beispiel Schülern. Wir jungen waren ganz gerührt davon und unsere Achtung stieg dadurch.
Mein Onkel Heinrich und Wilhelm waren Transportfahrer, die dann mal für ein paar Wochen mit Ochsen und Wagen unterwegs waren, nach Barberton und andere Stellen, aber öfter ging es nach Pietermaritzburg.
Eines Tages als sie fertig eingekauft hatten und noch sicher machten, ob alles recht sei, legte sich ein Ochse hin und wollte nicht wieder aufstehen. Onkel Wilhelm war ein Meister mit Peitschen. Als nun auch Zuschauer da waren zeigte er, wie man mit Peitschen knallen kann, aber der Ochse stand nicht auf. Das Geheimnis war, dass wenn man den “Strop” los machte, der Ochse aufstand. Das taten sie auch und der ochse stand auf.
Ein Mann von der alten Zeit den ich erwähnen möchte, war Dr. Herbert. Ein Arzt und Wohltäter, der unserem Distrikt große Dienste leistete. Da waren noch keinen Autos, aber Dr. Herbert besuchte und pflegte die Kranken zu Pferd, auch zu meiner Mutter kam er zu Pferd als sie Lungenentzündung hatte. Als 1917 die Flu wütete, wurde sein „Flu Mixture“ mit Quinien ganz berühmt, denn sie hat vielen geholfen.
Zu der alten Geschichte Wartburgs müssen wir die Wartburg Butchery im Gedächtnis halten. Der volle Name war: Wartburg Farmers Association Butchery. Der erste Verwalter war, soweit ich mich erinnere, Heinrich Röhrs. Jahre lang war der erfahrene Johannes Bure der Manager, der die gute Mettwurst und andere schöne Sachen machte.
Das andere Alte in Wartburg ist die Wartburg Garage. Hennie Wortmann machte hier Reparaturen und „services.“ Es haben dann Walter Meyer und Dietrich Rabe übernommen mit dem freundlichen Gustav Lauterbach als „mechanic.“