Im Gespräch mit Onkel Manfred Lucht

1937 – 2023

Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon. Psalm 90,10

Psalm 90,10

Für Onkel Manfred Lucht spricht dieser Vers aus Psalm 90 nicht nur über sein irdisches Leben, sondern auch über seinen Dienst, den er mit Liebe und unbeschreiblicher Treue in diesem Jahr schon an die 68 Jahre an einer Orgel auslebt.

“Und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen.” Mühe und Arbeit hat es ihn gekostet, und immer wieder war es köstlich gewesen. Niemals hat er geklagt oder ein Seufzen über die vielen Stunden beim Üben an den Orgeln in den verschiedenen Kirchen (er hat zu Hause keine Orgel oder Klavier) oder bei den vielen Gottesdiensten von sich gegeben. Auf jede Taste drückt er zur Ehre Gottes. Ein Dienst, eine Leidenschaft welche er mit Ehrfurcht und großem Dank an Gott gibt.

Redaktion (Andrea Eggers); „Onkel Manfred, mit 16 Jahren hast du dich für den Dienst vom Orgelspielen entschieden. Außer deiner Liebe zur Musik was hat dazu geführt, dass du dich als junger Mann schon so dem Spielen einer Orgel, in Kirchen und bei Feiern gewidmet hast?“

Onkel Manfred: „1952 wurde die Orgel in Kirchdorf eingebaut. Ich hörte zu , als der Orgelbauer die Orgel stimmte. Diese wunderschönen Töne sind mir durch Mark und Bein gegangen, und von da an wollte ich unbedingt Orgel spielen und das  Singen der Gemeinde begleiten. Mr Britton Moss der Organist der Stadt Pietermaritzburg, war mein Musiklehrer.

R: „Erinnerst du dich an das allererste Mal als du einen Gottesdienst mit deinem Orgelspiel begleitet hast, und in welcher Kirche war es gewesen?“

Onkel Manfred: „Ja ganz genau erinnere ich mich daran. Es war an dem Sonntag 1955 als mein Bruder Werner aus der Christenlehre entlassen wurde. Da habe ich zum ersten Mal den ganzen Gottesdienst begleitet.

R: „Es gibt so viele bewegende Lieder in unserem Gesangbuch und auch in anderen Geistlichen Liederbüchern, dass es dir bestimmt schwer fällt eines auszusuchen!
Wenn du nun ein kleines Büchlein zur Erinnerung aufstellen würdest, welche 10 Lieder dürften nicht fehlen?“

Onkel Manfred:

1 Nun danket alle Gott (371)
2 Nun danket all und bringet Ehr (380) 3 Nun jauchzet dem Herrn (1)
4 Nun lasst uns gehen (131)
5 Du, meine Seele, singe (370)
6 Geh aus mein Herz (468)
7 Herr Gott dich loben alle wir (236)
8 Großer Gott wir loben dich (387)
9 O Haupt voll Blut und Wunden (160) 10 Christi Blut und Gerechtigkeit (295)

R: “ Wenn du dich vor einem Gottesdienst, einer Trauerfeier oder einer es Geburtstagsfeier an die Orgel oder an das Klavier setzt, kommen da nach 68 Jahren noch Mal ein paar nervöse Schmetterlinge in deinem Bauch vor?“

Onkel Manfred: „Nein, gar nicht. Das letzte Mal, als ich etwas nervös war, war an dem Sonntag, als ich zu Werners Entlassung georgelt habe.

R: “ Die vielen Tasten kennst du so gut, wenn nicht besser als alle Kabel in elektrischen Gerätschaften, Pumpen und Häuser. Ohne Strom geht heute fast gar nichts mehr. Vermisst du eine elektronische Orgel?“

Onkel Manfred: „Ja und nein. Die alte Orgel hatte sanftere Pfeifen, und sie ging
etwas leichter zu spielen. An der alten Orgel konnte ich die Register für das Einganslied und Ausgangslied vorm Gottesdienst einstellen, dann nur einen Knopf drücken, wenn ich das gewünschte Register spielen wollte. Die neue Orgel hat
einen volleren Ton. Der gefällt mir auch. Hier kann ich nicht das Register Je vorprogrammieren.

R: „Im April wirst du 86 Jahre alt. Da können wir nur staunen, wie du trotz hohem Alter die 22 Treppen in unserer Kirche erkletterst, dich uneingeschränkt an die Orgel setzt  und peppig die Melodien zum Ausdruck bringst.“  1968 wurdest du als Hauptorganist in Kirchdorf angestellt, hast davor 6 Jahre lang jeden Sonntag im Gottesdienst in Harburg georgelt, bis das Harald Drews dort den Orgeldienst anfing. Ein Jahr lang hast du dann immer wieder in Harburg ausgeholfen als es Harald gesundheitlich nicht so gut ging.
1974 ,als du noch der einzige Organist warst, hast du sogar einen Urlaub, den du mit deiner Frau, Lea, in Port Elizabeth machtest unterbrochen, um am Samstag in Kirchdorf bei einer Hochzeit und am nächsten Sonntagmorgen in Kirchdorf und abends in Pietermaritzburg zu orgeln. Am nächsten Tag bist du wieder zurück nach Port Elisabeth geflogen. So viel Pflichtbewusstsein habe ich noch nie erlebt.

„Jeden Sonntag hast du viele Jahre lang einen Gottesdienst begleitet und oft kam es sogar vor, dass du während der Woche auch noch Mal bei einer Feier georgelt hast. Es kommt mir vor, als ob du neue Kraft, neuen Lebensmut, fast neuen Atem bekommst, wenn du beim Spielen an der Orgel bist; ist das so?“

Onkel Manfred: „ABSOLUT!“ „Wenn ich mich an eine Orgel setze, bitte ich Gott erst, mir die nötige Kraft dazu zu verleihen und mich zu gebrauchen zu seiner Ehre. Ich fühle mich mit der Gemeinde verbunden, wenn ich sie singen höre, und will immer wie ein Plektron in Gottes Hand sein. Ich spüre die Hilfe von Gott wenn ich beim Orgeln bin und tue es alles nur zu seiner Ehre“.

R: “ Geht es dir mal nicht ganz so gut im Gemüt, weil du Sorgen hast, die dich quälen und du dann die Zeit hast dich an eine Orgel zu setzten, welches Lied kommt dir dann automatisch in den Sinn?”

Onkel Manfred: „Breit aus die Flügel beide.” (440 v 8) Breit aus die Flügel beide, o ter Jesus, meine Freude, und nimm dein Küchlein ein. Will Satan mich verschlingen, so lass die Englein singen: Dies Kind soll unverletzet sein.

Für alle an die fast 3536 Sonntage, die über 10 608 Stunden und alle die zusätzlichen extra
Zeiten, die du uns mit deinem Orgelspielen gegeben hast zu unser alle Freude und zu
Gottes Ehre danken wir dir innigst und von ganzem Herzen. Möge deine Leistungsbereitschaft und treue Widmung uns allen stets zum Vorbild bleiben und wir  fröhlich zusammen mit dir unseren  Lobgesang an unseren Herrn erklingen

Mit jubelnden Lippen musiziere ich dir; ja ich, denn du hast mich erlöst.

Aus Psalm 71