Und wenn ich manchmal zweifle?

Wenn wir an Ostern denken, dann kommen uns die Leidensgeschichte und die Auferstehung Jesu schnell in den Sinn. Dieser Artikel schaut aus einem ganz anderen Blickwinkel auf Ostern.

Nach der Auferstehung erscheint Jesus den Jüngern, die sich aus Angst vor den Juden hinter verschlossenen Tü- ren trafen. Plötzlich ist Jesus mitten unter ihnen, zeigt ihnen seine Hände und die Freude ist groß. Sie erhalten den Auftrag „Wie mich der Vater ge- sandt hat, so sende ich jetzt euch!“ Nur Thomas war nicht dabei gewesen. Als die anderen Jünger ihm erzählen, dass sie Jesus gesehen hatten, reagiert er ungläubig. „Das glaube ich nicht! Ich glaube es erst, wenn ich seine durchbohrten Hände gesehen habe. Mit meinen Fingern will ich sie fühlen, und meine Hand will ich in die Wunde an seiner Seite legen.“

Acht Tage später treffen sich die Jün- ger wieder und Jesus taucht trotz ver- schlossener Türen in ihrer Mitte auf. Er wendet sich direkt an Thomas und erlaubt ihm mit den Worten „Zweifle nicht länger, sondern glaube!„ seine Wunden zu berühren und zu fühlen. Als Thomas ihn darauf erkennt, antwortet ihm Jesus „Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Wie glücklich können sich erst die schätzen, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!“ (Joh. 20, 19-29)

Vielleicht kennen Sie/Du das eindrucksvolle Gemälde „Der ungläubige Thomas“ von Caravaggio, das im Schloss Sanssouci ausgestellt ist. Auf dem Gemälde ist zu sehen, wie Thomas vor Jesus steht und dessen Wunden nicht nur sanft berührt, son- dern vielmehr in diese hineinzubohren scheint, was auf den Betrachter in gewisser Weise brutal und wenig einfühlsam wirkt.

Caravaggio hat in seinen Kunstwerken oft Darstellungen gewählt, die eine ganz eigene religiöse Diskussion zu führen scheinen.

Man spürt in dem Gemälde wie auch in den vorangegangenen biblischen Zeilen, dass es Thomas nicht genügte zu hören und den Erzählungen der anderen Jüngern Glauben zu schenken. Er wollte mit seinen Augen das Wunder der Auferstehung sehen und fühlen. Er brauchte dies, damit seine Zweifel schweigen konnten.

Doch was bedeutet das im Hinblick auf mich selbst? Ostern ist vermutlich für uns alle ein Ereignis, das unseren Verstand bei weitem übersteigt. Aber darf ich auch Momente wie der Jünger Thomas haben, in denen meine Zweifel und das Gefühl, gerade nicht glauben zu können, groß sind?

Auch in den biblischen Erzählungen gibt es immer wieder Hinweise darauf, dass selbst die Menschen, die ganz eng mit Jesus lebten, Momente des Zweifels kennen:

Matthäus 14, 28-32 erzählt, wie Petrus aus dem Boot steigt und Jesus trotz stürmischer See auf dem Wasser entgegenläuft:

„Da rief Petrus: ‚Herr, wenn du es wirklich bist, dann befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen.‘ ‚Komm her!‘, antwortete Jesus. Petrus stieg aus dem Boot und ging Jesus auf dem Wasser entgegen. Kaum war er bei ihm, da merkte Petrus, wie heftig der Sturm um sie tobte. Er erschrak, und im selben Augenblick begann er zu sinken. ‚Herr, hilf mir!‘, schrie er. Sofort streckte Jesus ihm die Hand entgegen, hielt ihn fest und sagte: ‚Vertraust du mir so wenig, Petrus? Warum hast du gezweifelt?‘ Sie stiegen ins Boot, und der Sturm legte sich.“

Auch wenn sich Gott unser tiefes und uneingeschränktes Vertrauen wünscht, so kennt er uns durch und durch und weiß auch, dass wir uns manchmal wie Thomas oder Petrus nach etwas Handfestem sehnen. Nach etwas, das keinen Zweifel offen lässt und das uns die Kraft gibt, an unse- rem Glauben und unserem Vertrauen in ihn, festzuhalten. Gerade auch in stürmischen Zeiten…

Und wie reagiert Jesus auf diese Zweifel? Er lässt den Zweifler nicht fallen oder wendet sich ab mit den Worten „Du hast mir nicht genügend vertraut.“ Ganz im Gegenteil: Er reicht ihm die Hand.

Und auch wir dürfen in den Augen- blicken vertrauen, dass Gott uns die Hand reicht und uns neuen Mut zu- spricht, wenn wir zweifeln.

Glaube bedeutet, dass Gott durch sein Wort eine Brücke zu mir baut, dass er mir Glauben an meinen Heiland schenkt, dass er mich dazu auffordert, mich auf ihn einzulassen und meine Augen ganz auf meinen Heiland zu richten – und ihm nachzufolgen, wohin er führt.“

Diese Erfahrung wünsche ich Ihnen, dir und mir.

„Dieser Beitrag von M. Meyer stammt aus dem Gemeindebrief der evangelischen Kirchengemeinde Sommersdorf-Burgoberbach und Thann und wurde für unsere Zwecke leicht umgeändert von Pastor Böhmer“

Quellenhinweis: „Von Caravaggio – Heruntergeladen von Google Arts & Culture mit dezoomify- rs