Zutritt frei! Invokavit (Der Herr über die Versuchung) – 2025

Zutritt verboten! Unter uns Theologiestudenten in Deutschland war es immer eine Freude, wenn Südafrikabesuch angesagt war. So erhielt einer meiner Mitstudenten eines Tages Besuch von zu Hause, und so wurden gleich mehrere Ausflüge zur Besichtigung einiger Sehenswürdigkeiten in Deutschland geplant; unter anderem ein Besuch bei der Wartburg bei Eisenach. Ich durfte mit. Die Wartburg durften wir betreten, doch der Zutritt war beschränkt. So auch die Studierstube, in der Martin Luther das NT ins Deutsche übersetzte. Ein rotes Seil zeigte an, bis wo Besucher gehen durften. In der Stube standen ein Schreibtisch aus der Reformationszeit (darauf waren Schriften ausgelegt) und ein Wirbelknochen von einem Wal, den Luther als Fußbank benutzte. Da wollte ich unbedingt etwas näher rankommen. Als nur wir Südafrikaner im Raum waren, machte ich vorsichtig einen Schritt über das Seil, um Fotos vom Tisch und vom Walknochen zu machen, aber bevor ich auch nur den Fotoapparat anheben konnte, ertönten laute Sirenen, und kurz darauf flog eine Aufseherin ins Zimmer und schrie uns an „Ist Ihnen denn nichts mehr heilig?!“

Das erlebt man öfter im Leben, nicht? Zutritt verboten! Zugang beschränkt! Da hofft man auf ein Studium an einer bestimmten Universität, und es scheint alles zu klappen, bis die Matrikzeugnisse erscheinen und die Noten gerade nicht reichen. Zutritt verboten! Zugang beschränkt! Man hat einen guten Abschluss und bewirbt sich um eine Arbeitsstelle, und dann heißt es Falsche Hautfarbe. Zutritt verboten! Zugang beschränkt! Oder man kann nicht das Auto bekommen, was man will, weil die Finanzierung nicht reicht, oder nicht in das Krankenhaus kommen, in das man will, oder die Therapie bekommen, die man braucht, weil die Krankenkasse nicht reicht. Zutritt verboten! Zugang beschränkt!

Wenn uns der Zutritt verboten oder der Zugang beschränkt wird, dann empfinden wir das oft als ungerecht. Enttäuschend ist es auch, es kann wehtun, wenn man die Absage bekommt. Solch eine Absage hatten Adam und Eva erhalten. Wo sie früher direkten Zugang zu Gott hatten und per du mit ihm sprechen konnten, wo sie in seiner unmittelbaren Gegenwart nicht nur geduldet, sondern geliebt wurden, gewollt waren, mussten sie nach dem Sündenfall das Paradies verlassen; bis zur Sintflut stand der Engel Gottes mit dem Flammenschwert vor dem Tor. Zutritt verboten! Zugang beschränkt.

In der Welt herrschten Härte, Dornen, Disteln, harte Arbeit, karger Lohn, Schmerzen beim Kindergebären, Geschrei und Not und bald auch Tod. Wie Adam und Eva sich wohl gesehnt haben müssen nach Geborgenheit bei Gott! Nach Gottes Nähe, nach Gottes heilvoller Gegenwart. Aber nun waren sie davon ausgeschlossen. Zutritt verboten! Zugang beschränkt!

Und so ist es auch geblieben. Nur die Propheten bekamen von Gott zu hören, und dann nur ganz selten. Aber der Zugang zu Gott blieb allen anderen verboten. Doch gerade danach sehnt sich der Mensch! Denn der Herr hat den Menschen zu sich hin geschaffen, er hat uns die Ewigkeit ins Herz gelegt, in jedem Menschen steckt eine tiefe Sehnsucht nach Heil und Heilsein und darunter verborgen ein Verlangen nach Gottes gnädiger Gegenwart. Darum gibt es so viele Religionen auf der Welt, darum sind bis heute echte Atheisten die große Ausnahme, und selbst dann ist erstaunlich, wieviel Mühe sie sich geben, auf einen Gott zu schimpfen, denn es angeblich nicht gibt. Der Mensch ist geschaffen, um seinem Schöpfer Ehre zu geben und vor ihm zu leben. Doch selbst dem auserwählten Volk Gottes blieb dieser Zutritt verboten, bzw. Zugang beschränkt – erst später, als der Tempel stand und die Priester opferten, erst dann durfte ein Mensch, ein einziger Mensch durch den Vorhang ins Allerheiligste gehen, in die unmittelbare Gegenwart Gottes auf der Bundeslade zwischen den Cherubim. Dieser Mensch war der Hohepriester. Und selbst er durfte das nur einmal im Jahr. Am Tag der Versöhnung. Zuerst musste er ein großes Stieropfer für sich selbst darbringen, bevor er überhaupt durch den Vorhang gehen durfte, und man band ihm ein Seil um ein Bein, falls er vor Gottes Gegenwart unwürdig war und tot umfiel. Damit konnte man seine Leiche zumindest wieder herausziehen. Er ging vor die Bundeslade, um dort das Blut der Opfertiere zu sprengen, um das Volk Israel mit Gott zu versöhnen. Sie durften also zwar selbst nicht in Gottes Gegenwart treten, aber sie konnten zumindest mit ihm versöhnt werden und wissen, dass Gott ihnen gnädig war.

Doch nun – nun war der Tempel kaputt. Zerstört. Und der letzte Hohepriester war auch tot und konnte nicht wieder ersetzt werden. Und jetzt? Für jüdische Christen in den ersten Jahren der Christenheit bedeutete das einen schweren Verlust! Nicht nur kam ihre Identität ins Wackeln, sondern sie fühlten sich ausgeschlossen aus Gottes Gegenwart. Wo zuvor noch der Zugang zu Gott zumindest für den Hohenpriester möglich war, hieß es nun Zutritt verboten!

Als die Frau in der Wartburg uns damals anschrie, „Ist Ihnen denn nichts mehr heilig?!“, hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Heilige Dinge schließen unheilige Menschen aus, der Heilige, Gott selbst, kann in seiner Heiligkeit nicht Sünder willkommen heißen, weil sie unheilig sind. Deine Sünden schlossen dich von der Gegenwart deines Schöpfers aus, du hattest weder Recht noch Befugnis, zu ihm zu kommen, vor ihn zu treten, bei ihm zu sein. Darum, deswegen wurde der Mensch nach dem Sündenfall aus Gottes unmittelbarer Gegenwart ausgeschlossen. Aber nun ist etwas Großes passiert, etwas Weltbewegendes. Jesus Christus selbst ist als ewiger Hohepriester gekommen. Er hat ein Versöhnungsopfer dargebracht, nicht durch irgendwelche Schafe und Rinder, sondern er hat am Kreuz sich selber geopfert. Diese Versöhnung mit Gott gibt es nicht mehr nur einmal im Jahr, sondern es ist eine ewige Versöhnung. Durch das Kreuz ist er, der neue, der letzte, der ewige Hohepriester durchgedrungen bis ins Allerheiligste, in die Gegenwart Gottes, ja mehr noch, er hat den Himmel durchschritten bei der Himmelfahrt und ist in die ewige Gegenwart Gottes im Himmel eingetreten und hat dadurch nicht nur jüdischen Christen, sondern allen, die getauft sind und an ihn glauben, Zutritt gewährt zu Gottes Thron der Gnade. Durch sein Opfer und die Vergebung der Sünden spricht er dich heilig, macht er dich heilig. Durch Christus gilt: Zugang nicht mehr beschränkt, Zutritt nicht mehr verboten!

Darum, deswegen, daraus folgen zwei Dinge. Erstens: Dass wir festhalten an dem Bekenntnis. An welchem Bekenntnis? An dem Bekenntnis der Schrift, wie Gott der Vater bei der Taufe seines Sohnes von Jesus Christus sagte: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Ihn sollt ihr hören! Das ist das Bekenntnis: Christus ist Gottes Sohn, und er schafft dir Zugang und Zutritt zum Vater. Dieser Hohepriester geht nicht nur selbst in Gottes Gegenwart und nicht nur einmal im Jahr, sondern er hat immer Zugang zu Gottes Thron und er schafft dir immer Zutritt zu Gottes gnädiger Gegenwart. Habe keine Angst, zu Gott zu kommen. Denk nicht, du darfst da nicht hin. Dich will Gott bei sich haben, weil Christus dir Zugang geschaffen hat. So halten wir fest an diesem Bekenntnis. Das ist wie beim Greifreflex von Babys. Berührt man die Handinnenfläche eines Neugeborenen, greift er zu. Das macht das kleine Kind nicht bewusst, sondern es ist einfach eine Reaktion, die gewissermaßen automatisch geschieht.

So ist es auch mit dem Glauben und dem Festhalten am Bekenntnis zu Jesus Christus, meinem Herrn. Wenn Gottes Wort die Innenfläche meiner Seele berührt, dann greift mein Glaube durch das Wirken des Heiligen Geistes zu, klammert sich fest an den Worten, die ich da höre. Ihn will ich nicht lassen, denn er lässt nicht von mir!

Und zweitens: [16] So lasst uns also hingehen, mitgehen, vortreten, denn allen, die bußfertig in Christus kommen, gilt Gottes Gnade. So lasst uns hingehen! Damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben. Gott hat Zeit für dich, Gott macht Raum für dich, du hast sein Ohr und er will dich erhören und Hilfe schenken, wenn wir sie brauchen. Amen.


INVOKAVIT (Der Herr über die Versuchung)

Wochenspruch

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. 1. Johannes 3, 8b

Introitus

Nr. 21 (Psalm 91, 15 u 16a. 1)

Epistel

Weil wir einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.

Hebräer 4, 14 – 16

Hauptlied

Ein feste Burg ist unser Gott 242
Ach bleib mit deiner Gnade 253

Evangelium

Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht”. Da führte ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich hinab; denn es steht geschrieben: „Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.” Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben: „ Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.” Darauf führte ihn der Teufel mit sich auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! denn es steht geschrieben: „ Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.” Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm.

Matthäus 4, 1 – 11


liturgische Farbe: violett

Festzeit: Fastenzeit

Wochenspruch: 1. Joh 3,8b

Wochenpsalm: Ps 91

Eingangspsalm: Ps 34

Epistel: Hebr 4,14-16

Evangelium: Mt 4,1-11

Predigttext: 1. Mose 3,1-19 (20-24)

Wochenlied: 362 und 347

Erklärung zu den Perikopen:

Die biblischen Predigttexte sind aufgeteilt in die Perikopenreihen I bis VI. Jede Reihe gilt – beginnend mit dem 1. Advent – fortlaufend für ein ganzes Kirchenjahr (aktuelle Reihe = III). Die einzelnen Reihen haben verschiedene Schwerpunkte (Evangelien, Briefe usw.).

I(Evangelium): Mt 4,1-11

II: Hebr 4,14-16

III: 1. Mose 3,1-19 (20-24)

IV: 2. Kor 6,1-10

V: Lk 22,31-34

VI: Jak 1,12-18